Verantwortungs-Diffusion- mit Aufklärung begegnen– fünf Schritte zu richtigem Hilfeverhalten- … in den HaunotRuf-Zentralen und Callcentren
A . Verantwortungsdiffusion Es gibt den Begriff der Verantwortungsdiffusion ( geprägt von Darley und Latané)
“…je mehr Menschen Zeuge eines Geschehens werden, desto weniger verantwortlich fühlt sich das einzelne Individuum und ist es in der Tat auch so, weil sich die Verantwortung gleichmäßig über die Menge verteilt. Verantwortungsdiffusion hat ferner mit sozialen Verhaltensregeln zu tun, die so stark sind, das sie selbst auf Leben und Tod keine Rücksicht nehmen; schließlich wäre es überaus peinlich, der Einzige zu sein, der Aufregung verursacht, und am Ende , wer weiß, für nichts und wieder nichts.
B . Untersuchung von Arthur Beaman
Er untersucht dieses Phänomen und erstellt daraufhin die 5 Schritte des Helfens. „Wenn man einer Gruppe von Menschen über Verhaltensprägung durch Auslösereiz, über Ignoranz einer Mehrzahl von Beteiligten und über dem Zuschauereffekt aufklärt, werden sie in gewissem Sinn gegen diese Verhaltensweisen immun. Wenn Sie wissen, wie anfällig wir dafür sind, in entscheidenden Situationen zu versagen, sind wir nach Beamans Erkenntnissen, mit größter Wahrscheinlichkeit dagegen gefeit, Opfer einer Fehlentscheidung zu werden“.
C. Wichtige Schritte zum Hilfsverhalten
1. Wichtige fünf Schritte zum richtigen Hilfeverhalten
a. Sie, die potentiellen Helfer, müssen erkennen, dass etwas passiert ist
b. Sie müssen das Ereignis so interpretieren, dass Hilfe u.welche gebraucht wird
c. Sie müssen persönliche Verantwortung übernehmen
d. Sie müssen entscheiden, was zu tun ist
e. Dann müssen sie handeln.
2. Einzelpersonen entscheiden und handeln, im Gegensatz zur Gruppe , meistens sofort
Beim Feldversuch des HausnotRuf´s in Wilhelmshaven 1978 bis 1983 wurden Nachbarn oder Bekannte aus Gründen des Datenschutzes und der Vertraulichkeit von den Versuchsleitern einzeln befragt und stimmten ausnahmslos zu, im Notfalle helfen zu wollen.
D ) Verantwortungsdiffusion in Call-Centern / der Darley-Latané-Effekt
Am realen Beispiel wird der Nachteil einer Call-Center- Organisation verdeutlicht.
Eine mittelgroße Bank betreibt ihre Back-office Kreditbestandsverwaltung in der Form eines Call-Centers mit ca. 100 Beschäftigten. In einer Sachfrage wurden bis zu einer Entscheidung nacheinander 9 Mitarbeiter dieses Centers mit einer mittleren Gesprächsdauer von jeweils bis 10 Minuten aktiv.
Jeder neu hinzugezogene Mitarbeiter, der nach dem Zufallsprinzip vom Telefoncomputer nach Verfügbarkeit ausgesucht wurde, musste sich erneut in die Sachfrage einlesen und beim Anrufer rückfragen, um sich über den aktuellen Sachstand zu informieren.
Bei einer einzigen Sachfrage wurden bis zur Problemlösung nacheinander 9 Personen, das sind 9 % aller Mitarbeiter des Call-Centers, eingebunden. Bei einer mittleren Gesprächsdauer von 10 Minuten waren das dann bis zu einer Entscheidung 90 Minuten Arbeitszeit.
Die organisatorischen Call-Center-Abläufe beinhalten auch zugleich soziale Zwänge. Ihre gleichmachenden Strukturen begünstigen folglich die Verantwortungsdiffusion. Der Telefoncomputer weiß ja nicht, wie fachkompetent der Mitarbeiter ist, dessen Telefon-Nr. er gerade aus- und anwählte.
Die richtige Auswahl der Gesprächspartner nach Sozial- und Fachkompetenz ist aber eine unabdingbare Voraussetzung für eine schnelle Problemlösung und gute dauerhafte Geschäftsbeziehung. Das gilt analog auch bei einer Patientenbetreuung und dauerhafter Patientenbindung an eine Institution. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Kunde begonnene Gespräche mit demselben Sachbearbeiter später fortsetzen will oder muss.
Genau das wird aber technisch und organisatorisch unterbunden. Die Call-Center-Mitarbeiter weisen regelmäßig darauf hin, es sei ihnen untersagt, Telefonnummern herauszugeben.
Ein gewolltes Ausweichen in die Telefon-Nummern-Anonymität, ist ein eindeutiger Hinweis auf soziale Zwänge dieser Organisationsform, welche die Verantwortungsdiffusion begünstigt und Problemlösungen damit erschwert .
Beim Feldversuch „HausnotRuf“ (Ende der1970-er bis Beginn 1980-er Jahre) wurde, um Verantwortungsdiffusion nicht erst aufkommen zu lassen, darauf geachtet, dass die betreuenden ambulanten Pflegekräfte, neben der fachlichen Qualifikation, danach ausgewählt wurden, wie sie mit dem Patienten oder Älteren „auskamen“ ( also Auswahl nach Sozialkompetenz), damit ein Vertrauen für eine dauerhafte Betreuung aufgebaut werden konnte. Traten in der Folgezeit Probleme auf, waren diese immer sehr kurzfristig gelöst. Alle Beteiligten waren letztlich zufrieden.
An dem HausnotRuf-Gerät eines Nutzers kann zusätzlich eingestellt werden, dass der Ruf immer an eine bestimmte Person in der Zentrale geleitet wird. Oder bei Vorliegen bestimmter Diagnosen werden diese Rufe ebenfalls gezielt an vorgemerkte Personen weitergeleitet, ohne in eine Warteschleife gelangen.
Es ist nicht notwendig, sich an eine Zentrale anzubinden. Es können sich in Stadtteilen oder Dörfern Selbsthilfe- oder Nachbargemeinschaften bilden. Die ohne das Dazutun einer Zentrale miteiander im Notfall kooperieren ( Siehe www.Akut-Kliniken.de / Literaturanhang Nr. 34, 37,38,39,40,41) .
Bis zu sechs Telefon- oder Handy-Nummern, von unmittelbaren Bezugspersonen, können nacheinander angewählt werden. Von jeden Handy oder Telefon ist dann im Falle eines Notrufes eine Bedienung und Kommunikation möglich. So können Nachbarn oder Verwandte immer wieder im Wählcyklen nacheinander angerufen werden, bis jemand den Hörer abnimmt.
Will jemand in einer solchen Nachbarschaftsgemeinschaft besonders sicher sein, wird das HausnotRuf-Gerät zuerst die Nummern der vorgesehenen Bezugspersonen und erst am Schluß eine Haunorufzentrale anwählen.